Die vergnügliche konzertante Aufführung von «Pirates of the Caribbean» im KKL kürzlich haben auch nostalgische Gedanken hervorgerufen: an in den 80er-Jahren erlebte klassische Konzerte mit beinahe allen damals wichtigen Orchestern und Dirigenten. Vor allem zwei Konzerte mit Herbert von Karajan und den Berliner Philharmonikern haben sich eingeprägt.
Damals hiess das nun so lässig international daherkommende Lucerne Festival noch ganz traditionell Internationale Musikfestwochen Luzern. Wie der streng tönende Name antönt, war der Anlass durchaus elitär, und schämte sich deswegen kein Bisschen.
Zu Gast waren damals unter anderem Vladimir Ashkenazy, Daniel Barenboim, Sir George Solti, Carlo Maria Giulini, André Maazel, Charles Dutoit, Leonard Bernstein und viele andere, welche mit ihren Orchestern anlässlich der grossen Symphoniekonzerte Halt in Luzern machten. Dass diese Veranstaltungen meist auch gesellschaftlich die Höhepunkte des Festivals darstellten, war an den „bekannten Gesichtern aus Politik und Wirtschaft“ im Publikum jeweils recht einfach zu bemerken.
Von all den Konzerten sind es diese drei vor allem, die mir in Erinnerung geblieben sind.Einerseits das European Youth Symphony Orchestra unter einem jugendlichen Claudio Abbado, das eine atemberaubend lebendige Interpretation des Feuervogels von Stravinsky gab.
Andererseits, trotz der vielen spöttischen Bemerkungen damals, der schon stark von Krankheit gezeichnete Herbert von Karajan mit seinen Berliner Philharmonikern. Mozart und Haydn, die sie auch spielten, waren gefühlt eher uninteressant, langweilig-gepflegt dahinplätschernde Nichtigkeiten, verglichen mit den aufregenden Sachen, die zum Beispiel ein Nikolaus Harnoncourt machte.
Aber wenn die Berliner mit der grossen Kelle anrichten durften, war das alles sehr schnell vergessen. Zwei der eindrücklichsten Symphoniekonzerte, an die ich mich überhaupt erinnern kann, sind denn auch erstens der Boléro von Ravel am 1. September 1985, mit strengstem Metronom kontrolliert bis zum ausbrechenden und berauschenden Finale einfach perfekt gespielt.
Und dann: am 1. September 1987 das zweitletzte Konzert von Herbert von Karajan in Luzern, die Bilder einer Ausstellung von Mussorgsky. Karajan mit seinen minimalen, strengen, präzisen Bewegungen. Die Berliner Philharmoniker in voller, vermutlich von keinem Orchester unter einem anderen Dirigenten je wirklich übertroffener klanglicher Prachtenfaltung. Das finale «Grosse Tor von Kiev» mit dem ganzen Orchester fortissimo, und alles übertönend die einzig für die wenigen Schlusstakte aufgestellte grossen Glocke.
Das war und ist sogar in der Erinnerung, mit Verlaub, ein Nackenhäarchen-aufstell- und Gänsehaut-Moment.