Berlin Koffein

Seit ich ganz informell, doch mit dem nötigen Ernst und Foursquare gerüstet, begonnen habe, mich an die Berliner Kaffeeszene heranzutasten, lächle ich milde, wenn irgendwer vom „besten Espresso in Zürich“ schwärmt.

Ich glaube nämlich kaum, dass man derzeit irgendwo in Zürich einen Kaffee in der Qualität erhält wie bei den Gründungsmitgliedern der Berlin Coffee Society. Während eines Vortrages ebendieser ehrenwerten Gesellschaft anlässlich des Berlin Taste Festival 2012 bekräftigte denn auch einer der vortragenden Kaffee-Nerds, dass Berlin vermutlich hinter New York, London und Oslo die derzeit spannendste Kaffeestadt sei.

Natürlich bezieht sich diese Aussage nur auf High-End Kaffee im «neuen Stil», welcher wie so häufig vermutlich von der US-Westküste hierher geschwappt ist – guten Espresso im italienischen Stil gibt es sowohl in Berlin wie in Zürich an vielen Orten.

Chapter One

Nebst der Coffee Society war ich sehr begeistert vom Chapter One der Designerin und Baristameisterin Nora Smahelová. Nicht nur befindet es sich in Kreuzberg – ein grosses Plus in meinen Augen – sondern es eröffnet mehr noch als die anderen hier genannten ganz neue Einblicke in die Kultur des Kaffees.
Tatsächlich verwendet das Chapter One ausschliesslich hell geröstete Bohnen, auch für den Espresso. Was beim ersten Schluck wie ein Fehler schien, weil der Espresso ungewohnt ungeröstet schmeckt, wird schnell zur Gewohnheit – man entdeckt ganz neue Aromen im Kaffee, fruchtiges und süsses und beeriges und allerlei anderes. Das ist wirklich toll, und ich kann nur empfehlen, es mit offenen Sinnen einmal auszuprobieren.
NB: die Nachteile seien nicht verschwiegen: man gewöhnt sich recht schnell daran, und der erste normale Espresso danach schmeckt etwas verbrannt, ausserdem kann je nach verwendetem Kaffee der Espresso etwas schal schmecken, sogar wenn man keine italienische Röstung erwartet.

Falls echte Kaffee-Nerds hier mitlesen: den Schritt von der Espresso-Maschine zum gebrühten Kaffee habe ich, trotz mehr oder weniger lautem Schlürfen am Taste-Festival sowie wunderbar skurriler Apparaturen, noch nicht vollzogen.

Siehe auch hier und hier.